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Begleiten Sie uns auf eine Reise in die Vergangenheit Äthiopiens. Wir erleben die Gegenwart durch Besuch bei der lokalen Bevölkerung und schauen, was die Zukunft bringt. Äthiopien ist sehr aufstrebend. Mal sehen, was sich seit meiner letzten Reise 2017 (siehe Reisebericht) geändert hat. Wir treffen auch Getnet wieder, unseren Reiseleiter, der bei der letzten Reise dabei war. Freue mich, wenn ihr unseren Reisebericht auch auf Facebook teilt. Viel Spaß beim Lesen!
Ich hole Margarita und Monika von zuhause in Regau ab. Dann geht es nach Linz, wo wir Dietmar und Rita, zwei weitere Teilnehmer der Reise nach Äthiopien aufnehmen. Die Fahrt nach Wien ereignislos. Pünktlich checken wir ein und fliegen los mit Ethiopian Airlines Boeing 777. Neben mir sitzt Heidi, die mit mir seinerzeit mit ihrer eigenen Ente die Reise von Köln nach Peking mitgemacht hat (www.pekingente.at). Unsere gesamte Truppe besteht aus insgesamt 7 Personen. Ich will nicht sagen, dass die Nacht schnell vergangen ist.
2. Tag - Ankunft in Addis Abeba - Donnerstag 09.01.2020
Wir landen pünktlich in Addis Abeba. Nun beginnt der langwierige Prozess für das „Visa on arrival“. Zuerst muss man sich in einer Schlange anstellen, damit man mal zu einem Schalter kommt. Dann wird man zum nächsten Schalter gewiesen, wo dann auch noch ein Foto gemacht wird. Dann muss man an einem anderen Schalter bezahlen. Das erfolgt in der Form, dass eine nette Dame vor 50 Wartenden die Namen aufruft, wenn man zum Zahlen dran ist. Bei dem Lärm nicht so einfach seinen Namen zu erkennen. Endlich haben wir alles, dann zum Förderband unsere Koffer abzuholen. Dann werden wir von Getnet freundlich beim Ausgang empfangen. Er bringt uns zum Hotel Jupiter in Addis Abeba. Das ist ein nettes 4-Sterne-Hotel. Nachdem Getnet sich und das Programm der nächsten Tage vorgestellt hat, geht es bereits zur Stadtrundfahrt. Die Zimmer sind leider noch nicht fertig. Wir fahren zum Nationalmuseum. Hier befindet sich auch Lucy, eine der ältesten Menschenfunde. Getnet erklärt uns die Zusammenhänge. Wir alle lauschen mit zufallenden Augen, denn jeder ist müde. Dann geht es in ein Restaurant gleich neben dem Museum, das sinnigerweise auch Lucy heißt. Wir essen gut und dann setzen wir unsere Besichtigungstour fort. Es geht zu einem Aussichtspunkt, an dem ich ja schon vor einigen Jahren war. Nur ist jetzt die ganze Strecke eine „fürchterliche“ Baustelle. Autos drängen sich über die staubige Straße. Zeitweise kommt die Kolonne komplett zum Stehen. Auch am Aussichtspunkt wird gebaut. Gebaut ist überhaupt das „Stichwort“. In dieser Stadt wird gebaut „auf Teufel komm raus“. Überall stehen angefangene Wolkenkratzer, doch scheint das Geld ausgegangen zu sein. Bei den meisten Baustellen rührt sich nichts mehr. Den 7 Millionen Einwohnern begegnet man auf Schritt und Tritt. Es kann sich keiner Vorstellen wie es hier zugeht. Am Markt fahren wir vorbei, denn es wäre weder möglich gewesen hier stehen zu bleiben, noch wollte jemand sich in das Gewurle werfen. Zurück zum Hotel. Zimmer Bezug, Duschen und dann Abendessen im Hotel auf eigene Rechnung.
3. Tag - Addis Abeba - Axsum - Freitag 10.01.2020
Wir müssen früh raus, denn unser Flugzeug startet um 07.50 Uhr. Mit dem Hotelbus geht es nach dem Frühstück zum Flughafen. Das Einchecken der pure Wahnsinn. Aber Getnet nimmt das alles in die Hand. Er checkt unser Gepäck ein und nach zwei Sicherheitskontrollen erreichen wir endlich unser Gate. Wir fliegen mit einer Fokker nach Axsum, im Norden von Äthiopien. Hier erwartet uns eine über 3.000 Jahre alte Kultur. Wir besuchen die Grabstätten und die St. Maria von Zion Kirche und den ehemaligen Palast der Königin von Saba, bzw. das, was von dem noch übrig ist. Wir fahren auch zu den Gräbern der Könige Kaleb und Gebre Masqual und entdecken die Inschrift des Königs Ezana.
Riesige Obelisken aus Granit stehen auf den Gräberfeldern, einer davon ist umgefallen. Unvorstellbar, dass vor so langer Zeit die Menschen in der Lage waren, so schwere Teile zu bewegen. In der St. Maria Kirche lesen uns die Priester aus einem Gebetsbuch vor und schlagen dann auch noch die Gebetstrommeln für uns. Nach der Besichtigung machen wir am Stadtplatz eine Rast und trinken Kaffee. Eine nette Dame bereitet den Kaffee nach alter Tradition zu. Sie röstet die Bohnen, dann zerkleinert sie sie mit einem Mörser und kocht dann den Kaffee. Äthiopien ist das Kaffeeland! Hier wird seit langer Zeit Kaffee angebaut. Bei einem Fußball-Wutzler spielen Heidi und Getnet ein Match. Wir stehen herum und feuern sie an. Dann marschieren wir zurück Richtung Hotel und sitzen noch eine Weile in der Sonne und beobachten die Menschen. Hier gibt es ganz besondere Tuk-Tuk mit großen Nummernschildern drauf. Alles hier ist noch ruhig, der Tourismus ist noch nicht wirklich so richtig angekommen. Ideal also, das Land jetzt zu bereisen. Zum Abendessen sind wir im Hotel Sabean.
4. Tag - Axsum - Debark - Samstag 11.01.2020
Die Rezeption hat uns irrtümlich eine Stunde früher geweckt. „Morgenstund` hat Gold im Mund“ – so ein Blödsinn. Wir starten heute los zu unserer langen Fahrt von Axsum nach Debark. Das heißt heute fast den ganzen Tag Autofahren. Unser Fahrer macht immer wieder Stopps zum Fotografieren. Links und rechts der Straße spielt sich das Leben ab. Dromedare, Ziegenherden und Schafe queren unseren Weg. Kinder spielen neben uns auf der Straße und laufen uns sogar manchmal nach, wenn wir langsam fahren. Sobald wir wo stehen bleiben, sind sofort Kinder da. Sie sind neugierig und schauen uns mit ihren großen Augen an. Viele von ihnen haben eine besondere Haartracht. Die Haare werden zu kleinen Zöpfen geflochten und über die Stirn geflochten. Es geht zunächst über eine Hochebene, dann hinunter in eine tiefe Schlucht des Tekeze-Flusses. Wir machen einen kurzen Halt bei einem Baobab-Baum. An den Hängen wachsen auch die Weihrauch-Bäume. Wir machen ein Picknick neben der Straße. Immer wieder kommen Kinder vorbei, grüßen freundlich und gehen weiter. Ein alter Mann setzt sich zu uns und erzählt uns, dass er schon 78 Jahre ist und dass er noch zwei Stunden gehen muss, um seine Mangos zu verkaufen. Getnet kauft ihm einige ab, dann marschiert der Mann weiter, seinen Stock in der Hand, so wie jeder richtige Mann einen hat.
Zuerst fahren wir noch auf einer guten Straße, dann aber wird diese zusehends schlechter. Zum Schluss geht es über eine Passstraße hinauf bis nach Debark. Schotter und Steine sind der Untergrund. Unser Toyota rumpelt über die schlechte Straße, sodass er einem direkt Leid tut. Fast senkrecht geht es neben der Straße in die Schlucht. Wir marschieren ein Stück, um ein wenig die faszinierende Landschaft aufnehmen zu können. Wir kommen auf 2.800 Meter Seehöhe. Endlich erreichen wir Debark und nun gibt es auch wieder eine asphaltierte Straße. Wir fahren zum Tourismus Amt um unsere Genehmigung für den Ausflug morgen in die Simien Mountains zu bekommen. Dann checken wir im Hotel Ras Dejen ein. Hier gibt es auch heute unser Abendessen.
5. Tag - Debark - Gonder - Sonntag 12.01.2020
Stromausfall am frühen Morgen, das kommt schon mal vor hier im Norden von Äthiopien. Gut, dass es beim Mobil eine Taschenlampe gibt. So gelingt das Duschen ganz gut. Wir frühstücken und fahren heute auf das "Dach" von Afrika, in den Simien-Nationalpark. Es geht von Debark aus immer bergauf. Uns begleiten zwei Nationalpark Wächter, einer davon mit einer Kalaschnikow. Zuerst noch auf asphaltierter Straße, dann auf Schotterstraße. Nach zirka einer Stunde erreichen wir unser Ziel. Von hier marschieren wir mit unseren Begleitern immer an der Hangkante entlang. Wieder fallen hier die Felswände steil, teilweise überhängend ab. Greifvögel kreisen in der Thermik. Immer wieder bleiben wir bei exponierten Stellen stehen und genießen den Ausblick. Die 3.250 Meter spürt man beim Gehen. Mir bleibt gleich mal die Luft weg, wenn es bergan geht. Wir wandern rund zwei Stunden vor traumhafter Kulisse. Der Ausblick von jedem der Aussichtspunkte ist einfach grandios. In der Ferne zerklüftete Berge, senkrecht aufragende Felstürme. Man sieht scheinbar endlos in die Ferne. Einheimische Touristen mischen sich beim Fotografieren mit uns. Wir machen Fotos von ihnen, sie von uns. Der Simien-Nationalpark ist UNESCO Weltnaturerbe. Hier gibt es noch Steinböcke, Wölfe und über 22.000 Blutbrustpaviane. Wir treffen auch gleich mal auf eine große Herde. Diese Tiere sind überhaupt nicht scheu und lassen einen an einen Meter Abstand heran. Wir verbringen einige Zeit mit diesen faszinierenden Tieren, die uns Menschen im Verhalten ähnlicher sind als wir glauben. Die Jungen tollen herum, die Halbwüchsigen messen ihre Kräfte, die Mütter stillen ihre Jungen. Die Leittiere verteidigen ihr Revier vor den Rivalen. Zurück geht es wieder über die staubige Straße nach Debark. Hier treffen wir noch zufällig auf einen Hochzeitszug einer Orthodoxen Hochzeit. Weiter geht es zu unserem Hotel. Wir essen zu Mittag und trinken einen vorzüglichen Kaffee, bevor wie nach Gonderfahren. Am Weg nach Gonder immer wieder Fotostopps. Sofort sind Kinder zur Stelle und Getnet hat sofort irgendein Späßchen mit ihnen auf Lager. Wir erreichen unser Goha Hotel. Das Hotel liegt über der Stadt Gonder mit einem tollen Blick. Gerade wird eine Hochzeit vorbereitet. Eine große Bühne wird für das Brautpaar aufgebaut. Hunderte Menschen kommen gut gekleidet zur Hochzeit. Die Sonne geht unter, aber immer noch nicht beginnt die Trauung. Wir werden heute nicht im Hotel zu Abendessen, sondern in einem typischen Restaurant im Zentrum der Stadt. Es gibt verschiedene Speisen, wie Lamm und Beef-Currys und natürlich dazu das Injera, die typische Flade aus Sauerteig. Anschließend bringt uns Getnet in ein typisches Musiklokal. Das stellt man sich so vor wie einen Musikkeller, der sehr sehr urig eingerichtet ist. Die Besucher sitzen wie bei einem Konzert auf Sessel, während die Musiker ihre typische Musik spielen und die Tänzer ihre „Verrenkungstänze“ vorführen. Das Lokal ist gesteckt voll, eine ganz eigene Stimmung. Unsere „Heidi“ tanzt, dann auch bei einem Verrenkungstanz mit. Da es fürchterlich nach Kanal stinkt und die Musik doch nicht so ganz unsere Sache ist, verlassen wir das Lokal und fahren zurück ins Hotel. Hier ist die Hochzeit schon aufgelöst, nur noch ganz wenige stehen an der Bar. - Und wir!
6. Tag - Gonder - Montag 13.01.2020
Wir frühstücken auf der Terrasse des Goha-Hotels mit traumhaften Ausblick, bei traumhaftem Wetter. Getnet holt uns zur Stadtbesichtigung ab. Zunächst geht es zum Kaiser Fasilides Schloss. 1648 wurde die Anlage fertiggestellt. Wir sehen in der Anlage auch den Iyassu Palast, die Bibliothek, Löwenkäfig usw. Leider verfällt die Anlage zusehends. Weiter geht es zur Kirche Debre Birhan Selassie, einer der ältesten orthodoxen Kirchen mit einzigartigen Deckengemälden. Hier war geplant, dass die „original“ Bundeslade herkommen hätte sollen. Das ist dann aber doch nicht geschehen. Anschließend sehen wir noch das Wasserschloss des Kaiser Fasilides. Das ist ein großes Wasserbecken, in der inmitten ein kleiner Palast steht, der dem Herrscher als Badeschloss diente. Heute kommen immer gegen Ende Jänner tausende Menschen, um hier ein großes Fest zu feiern und zu guter Letzt hüpfen dann die jungen Äthiopier auch noch ins Wasser. Dieses Fest ist auch die ideale Gelegenheit für die jungen Äthiopier hier eine Partnerin zu finden. Zu diesem Zweck suchen sie sich eine hübsche Dame aus und werfen ihr eine Zitrone zu. Hebt diese die Zitrone auf, stehen die Chancen für den jungen Mann gut, das Mädchen zu erobern.
Zu Mittag essen wir im Hotel Gonder Haile, das unterhalb unseres Hotels, ebenfalls mit einer sehr schönen Aussicht liegt.
Am Nachmittag sehen wir auch noch den Palast der Königin Mentewab, der leider schon sehr verfallen ist. Wir fahren noch zur Brauerei, allerdings gibt es hier heute eine Veranstaltung, daher ist sie für uns geschlossen. Wir kehren dafür in ein anderes Lokal ein, das ebenfalls sehr urig ist. Dann geht es zurück ins Hotel.
7. Tag - Gonder - Bahir Dar - Dienstag 14.01.2020
Nach dem Frühstück geht es von Gonder nach Bahir Dar. Wir bleiben neben der Straße stehen und lernen, wie hier Getreide gedroschen wird. Mehrere Kühe laufen auf dem Stroh im Kreis und treten so das Getreide aus den Ähren, ein sehr mühsamer Prozess.
Auf der Strecke machen wir halt bei einer Schule. Wir haben unserem Reiseleiter Getnet aufgetragen, dass er Schulhefte und Schulstifte für uns kaufen soll. Nun halten wir vor der Schule. Die linken beiden Gebäude hängen irgendwie ganz schief, in der für Äthiopien so typischen Bauweise, aus Eukalyptus und Lehm gebaut. Der Direktor der Schule empfängt uns. Wir geben unsere Geschenke, sprich die Bücher und Stifte ab. Anschließend führt uns der Direktor in zwei Schulklassen. In der ersten Schulklasse sind kleine Bänke, auf der drei bis 4 Schüler sitzen. Es gibt keinen Tisch, die Kinder halten die Hefte und Bücher in ihren Händen bzw. am Schoss. Das Alter der Kinder ist unterschiedlich, jüngere und ältere teilen sich ein Klassenzimmer. Im zweiten Klassenzimmer ein ähnliches Bild. Die Kinder singen für uns die Bundeshymne und stehen dabei natürlich auf. Wir sollen auch unsere Bundeshymne singen, aber wir geben hier kein gutes Bild ab. Unvorstellbar, dass unter solchen Umständen ein Unterricht stattfinden kann. Eine kleine Tafel, verschiedene Kinder, bis zu 70 zusammen in einem Klassenzimmer mit kaum Licht. Wo ist da die Gerechtigkeit in der Welt. Die Fahrt geht weiter über eine hügelige Landschaft. Nach zirka drei Stunden Fahrzeit kommen wir schön langsam in die Gegend von des Tanasees. Vorher machen wir einen kurzen Fotostopp bei Gods-Finger, einem markanten Felsen, der zirka 200 Meter senkrecht aufragt. Die Landschaft ist von Landwirtschaft geprägt. Felder soweit das Auge reicht. Alles wird mit der Hand bearbeitet, die Esel und die Rinder sind die einzigen Gehilfen. Kein einziger Traktor ist zu sehen. Wir erreichen den Tanasee und essen zu Mittag, direkt am See. Anschließend fahren wir direkt vom Restaurant mit einem kleinen Eisenboot hinüber zur Halbinsel, auf der das Kloster Ura Kidane liegt. Insgesamt gibt es 37 Inseln im See, wobei sich auf 21 davon Klöster befinden. Wir marschieren auf einem steinigen „Pilgerweg“ hinauf zum Kloster. Links und rechts des Weges jede Menge Souvenirhändler. Dann erreichen wir das Kloster. Die Rundkirche beinhaltet über 300 Jahre alte Ikonen und Gemälde, die das Alte Testament darstellen. Wir müssen die Schuhe ausziehen, Fotografieren ist erlaubt, allerdings ohne Blitz. Dann geht es zurück über den gleichen Weg. Wir machen Halt und trinken einen traditionellen Kaffee. Auf offenem Feuer wird Kaffee zubereitet, der zuerst geröstet und dann zerstampft wird. Wenn wir in Österreich behaupten, wir haben eine Kaffeekultur, dann kann das Äthiopien auf jeden Fall auch behaupten. Dann fahren wir mit unserem kleinen Eisenkahn zurück und machen noch einen kurzen Stopp beim Ausfluss des Nils aus dem Tanasee. In einer kleinen Bucht, wo auch Schilf und Papyrus wächst, treiben sich auch Nilpferde herum. Hier beginnt also der Nil! Wir fahren zurück und steigen bei einem Restaurant aus. Hier steht ein riesiger Feigenbaum, dessen Äste in den Tanasee hängen. Wir trinken unter dem Baum ein Bier und checken dann in unser Hotel Jacaranda ein. Beim Abendessen treffen wir eine Gruppe aus Oberösterreich, die von unserem Kollegen Kneissl Touristik gebucht waren. Unsere Teilnehmer kennen einen Teilnehmer der anderen Gruppe. Abendessen im Hotel.
8. Tag - Bahir Dar - Blauer Nil - Mittwoch 15.01.2020
Nach dem Frühstück im Hotel geht es zunächst über eine relativ gute Straße, bis wir wieder eine Straße mit „Massage“ erreichen, wie unser Guide Getnet meint. Wir fahren mehr als eine Stunde über diese Rumpelpiste, teilweise im Schritttempo. Links und rechts der Straße hat das Mittelalter Einzug gehalten. Menschen laufen ohne Schuhe, Esel transportieren Getreide, in den Geschäften werden die wichtigsten Dinge des Lebens verkauft. So auch die Plastiksandalen, die alle anhaben, die nicht barfuß laufen. Endlich erreichen wir den Ort, an dem die Tour für die Besichtigung der Wasserfälle des Blauen Nilsstarten. Ein Guide führt uns. Zunächst geht es über einen steinigen Weg hinunter bis zur Brücke, die von den Portugiesen gebaut wurde, dann steigt der Weg wieder an. Von weitem hört man schon das Rauschen des Wasserfalles. Wir haben Glück, denn vor den Wasserfällen ist ein Stauwerk, in dem Strom erzeugt wird. Heute wird das Wasser aber über den Wasserfall geführt. Das Wasser fällt über die Steilwände tosend in die Tiefe. Die Gischt ist zu spüren. Über eine Hängebrücke marschieren wir direkt zum größten der Fälle und machen Fotos. Wir müssen, sehr zum Leidwesen unserer Gruppe, den gleichen Weg wieder zurück. Nun fahren wir zurück nach Bahir Dar, wieder über die Schotterpiste. Bei einem netten Restaurant, direkt am See, genießen wir ein Mittagessen, wieder mit Fisch vom See.
Nun hat unser Guide Getnet eine tolle Überraschung für uns. Wir besuchen seine Familie.
Vorher trinken wir noch Kaffee und fahren dann noch zu einem lokalen Markt in der Stadt. Wir kaufen Geschenke für die Familie von Getnet. Der Markt ist abenteuerlich! Es riecht nach allerlei Gewürzen und anderen nicht definierbaren Gerüchen. Das Obst und Gemüse liegt meist direkt am Boden. Man wird hin- und hergeschoben. Obwohl ich mich nicht unsicher fühle, bin ich dann doch froh, als wir wieder in unseren Bus einsteigen können.
Nun fahren wir in den Heimatort von Getnet. Das bedeutet wieder ein wenig Rumpelpiste, bis wir endlich da sind. Wie fast alle Häuser in Äthiopien, sind auch die Häuser der Familie von Getnet aus Eukalyptusstäben, die mit Lehm verschmiert gebaut. Es lebt die gesamte Familie, mit seinen Onkeln, Nichten und Neffen in einem Verbund von mehreren dieser typischen Häuser beisammen. Wir begrüßen die Mutter von Getnet, die uns auch ihr Haus zeigt und übergeben unsere Geschenke (Kaffee und Zuckerrohr). Es ist dunkel im Inneren der Häuser. Inmitten des Hauses stehen aus Lehm gefertigte Getreidespeicher, daneben das Bett, oben hängt das aktuelle Bild von Getnet, wie er sein Diplom erhalten hat. Recht viel mehr gibt es in so einem Haus nicht. Getnet ist der ganze Stolz seiner Mutter! Die Tante kocht für uns Kaffee in der typischen Art. Der Kaffee wird gewaschen, geröstet, dann gestampft und anschließend mit heißem Wasser aufgegossen. Der Kaffee schmeckt wieder vorzüglich! Auf mehreren Stellen lodern kleine Feuer, auf denen gekocht wird. Zwischen uns laufen Ziegen, Schafe, ein Hund und Hühner mit ihren Küken. Ein kleines Kätzchen schnurrt und bettelt nach Essbarem. Unsere Gastgeber kochen Mais für uns und dann bekommen wir auch das typische Injera aus Sauerteig. Auf diese große Flade kommt dann noch eine Paste aus Kichererbsen und Chili und selbstgemachtes Joghurt drauf. Anschließend bekommen wir noch einen lokalen Schnaps. Wir fühlen uns ins Mittelalter zurückversetzt, aber mit einer Herzlichkeit aufgenommen, die uns fast beschämt. Wir machen noch einige Fotos zum Abschluss und verabschieden uns. Nun geht es wieder zurück nach Bahir Dar. Das Abendessen lassen wir aus, denn wir sind ja noch voll vom Essen unserer Gastgeber.
9. Tag - Bahir Dar - Lalibela - Donnerstag 16.01.2020
Heute haben wir einen längeren Fahrtag vor uns. Wir fahren von Bahir Dar nach Lalibela, rund 300 Kilometer. Nach dem Frühstück starten wir los. Zuerst fahren wir auf einen Aussichtsberg, von wo aus man einen schönen Blick über die Stadt bis hin zum Tanasee hat. Wir fahren weiter und sehen nochmals von der Ferne den „Finger Gottes“, den markanten Felsspitz, den wir schon bei der Fahrt nach Bahir Dar gesehen hatten. Die Fahrt führt uns mal über asphaltierte Straßen, mal über Schotterstraßen. Wir kommen in eine bergige Landschaft und fahren über 3.250 Meter hinauf. Sogar in dieser Höhe wird noch Getreide angebaut. Überhaupt sieht man, dass jeder mögliche Fleck landwirtschaftlich genützt ist. Immer wieder fahren wir durch kleinere Dörfer und sehen links und rechts der Straße das Leben. Esel laufen herum, Kinder spielen auf der Straße, alles was so gebraucht wird findet man neben der Straße in den kleinen Geschäften. Handwerker schmieden Eisentore, Tuk-Tuk werden repariert. Ein wenig ist das Ganze wie eine Reise zurück in die Vergangenheit. Mit den primitivsten Mitteln schaffen die Menschen hier ihre Lebensgrundlage, ohne Luxus und Komfort, aber mit viel Freiheit und immer einem Lächeln im Gesicht. Wir müssen tanken. Bei der Tankstelle eine endlose Schlange von Tuk-Tuk, die auf Ihre Betankung warten. Bei uns geht es schneller. Wir fahren weiter. Mitten in einem Eukalyptuswäldchen machen wir unsere Mittagsrast und essen von unseren Lunchpaketen. Weiter geht die Fahrt, vorbei an einer faszinierenden Landschaft. Einmal führt die Hochstraße über einen Bergkamm, so dass man links und rechts in die Bergwelt blickt. Immer wieder muss unser Fahrer abbremsen, weil die Straße kaputt ist. Nun führt die Straße wieder hinunter in ein Tal. Die Straße ist eine staubige Schotterstraße. Ich hatte mit Getnet 2017 gewettet, dass die Straße nicht innerhalb eins Jahres fertig sein wird. Meine letzte Reise nach Äthiopien war 2017, nun haben wir 2020 und die Straße ist immer noch nicht fertig. Ich hab gewonnen und erhalte von Getnet eine Flasche Whiskey.
Wir kommen nach fast sechs Stunden anstrengender Fahrt in Richtung Lalibela. Wenige Kilometer vor Lalibela erreichen wir Nakoto Lab. Das ist eine Höhlenkirche, die bereits 1225 erwähnt wurde. Man steigt über steile Treppen hinunter zu einem Felsvorsprung. Unter diesem befindet sich ein eher verfallen wirkendes Bauwerk. Vom Felsüberhang tropft Wasser herunter. Dieses Wasser wird gesammelt, denn es ist natürlich heilig. Wir werden vom Geistlichen der Kirche empfangen. Dieser 70-jährige Mann, mit seinem Bart und seinen versteckten Augen, wirkt wahrlich „biblisch“. Er zeigt uns die gesamten Utensilien, wie Kreuze, Silberkrone und noch einiges mehr und er lässt sich auch gerne fotografieren. Eh klar – bei 20 USD Eintritt in die Grotte darf man dann schon auch mal fotografieren. Wir fahren weiter und erreichen Lalibela und beziehen unsere Zimmer im Hotel Tukul Village Hotel.
10. Tag - Lalibela - Freitag 17.01.2020
Wir fahren nach dem Frühstück zu unserem „Kirchenmarathon“, um die Felsenkirchen von Lalibela zu besichtigen. Wir haben heute 10 Kirchen auf unserem Tagesprogramm. Die Felsenkirchen von Lalibela gehören zu den UNESCO Weltkulturerbe Stätten. Es ranken sich viele Geschichten um die Entstehung dieser Kirchen. Eine davon ist, dass der Erzengel Gabriel den König Lalibela nach Jerusalem mitnahm, wo er dann den Auftrag bekam, ein zweites Jerusalem zu errichten. Die wahre Geschichte ist vergessen und wird heute durch Mythen ersetzt. Die Kirchen heute bestehen im Wesentlichen aus zwei Typen. Die Monolithischen Kirchen, die aus einem Stein gehauen sind und die Semimonolithischen Kirchen, wo auch mit anderen Materialien gebaut wurde. Alle Kirchen haben aber eines gemeinsam, sie liegen unter der Erdoberfläche und beherbergen Orthodoxe Kirchen. Durch enge Gänge gelangt man an den Fuß der Kirchen. Beim Betreten muss man seine Schuhe ausziehen und läuft dann auf alten Teppichen. Im Inneren sind meist Kirchenwächter, die dem Besuchertreiben zuschauen und die darauf achten, dass nichts beschädigt wird. In der Kirche gibt es immer das „Allerheiligste“, ein abgetrennter Bereich, der nur den Priestern zugänglich ist und in dem sich die „Copy-Bundeslade“ befindet. Wir besichtigen am Vormittag 9 Kirchen, die alle ziemlich beisammen sind. In einer der Kirchen gibt es einen Verbindungsgang, der zirka 70 Meter lang ist. Die Gläubigen gehen durch den finsteren Gang um zu verstehen, was Hölle ist. Umso schöner, wenn man dann wieder heraus kommt und dann sozusagen den Himmel vor sich hat. Über den Kirchenkomplex haben die Italiener eine Dachkonstruktion gebaut, die eigentlich die Kirche schützen sollte. Durch das Gewicht der Konstruktion wird aber der gesamte Komplex nunmehr geschädigt. Gut gemeint, aber daneben, sozusagen. Wir machen eine ausgiebige Mittagspause, bevor wir dann die letzte, die schönste Kirche besuchen. Es ist die Beta Giyorgis also Georgs Kirche. Sie hat die Form eines Kreuzes. Sie ist eigentlich eine der kleinen Kirchen, aber zweifellos die Schönste von allen. Man beginnt die Besichtigung von oben, klettert dann einen engen Gang 12 Meter hinunter zum Fuß der Kirche. Über einige Stufen betritt man die Kirche, die eher klein, aber sehr schön verziert ist. Wir besichtigen die Kirche innen und marschieren einmal außen herum. Das ist wohl unsere letzte Kirche, die wir während der Reise besuchen, so ganz nach dem Motto das Beste zum Schluss. Nun werden wir zu unserem Hotel zurückgebracht. Gemeinsam genießen wir unser Abendessen im Hotel und sitzen dann noch ein wenig zusammen.
11. Tag - Lalibela - Addis Abeba - Samstag 18.01.2020
Nach dem Frühstück bringt uns ein Transferbus vom Hotel zum Flughafen Lalibela. Die Straße dorthin ist sehr staubig, zumal hier eine große Baustelle ist. Heute ist wieder ein Markt und entlang der völlig verstaubten Straßen ziehen die Menschen mit ihren Tieren nach Lalibela zum Markt, ein fast biblisches Bild. Wir erreichen den Flughafen und lassen die zwei Sicherheitskontrollen über uns ergehen. Getnet, unser Guide, organisiert wieder alles. Wir brauchen nur noch warten, unsere Bordingkarte nehmen und einchecken, um das Gepäck brauchen wir uns nicht kümmern. Der Flug dauert knapp eine Stunde. Wir fliegen mit einer Dash8 der Ethiopian Airlines. Der Blick aus dem Flugzeug macht wieder klar, in welchem Land wir sind. Tief zerklüftete Landschaften mit gewaltigen Canyons liegen unter uns. Die Blechdächer der Häuser in den Ortschaften unter uns leuchten im Licht. Wasser glänzt in den Flüssen. Nur wenige Straßen durchqueren die wüste Landschaft. Wir landen in pünktlichAddis Abeba. Nun fahren wieder mit unserem Busfahrer zur Stadtrundfahrt in Addis Abeba. Wir besichtigen den ehemaligen Palast von Haile Selassie, 1930 erbaut. Heute beinhaltete das Gebäude das Ethnographische Museum. Zudem wird ein Teil des Gebäudes von der Universität genützt. Wir sehen, wie die einzelnen Volksstämme in Äthiopien heute leben bzw. gelebt haben. Während der Besatzungszeit durch die Italiener lebte hier der Vizekönig Rodolfo Graziani, der nur knapp einem Anschlag entgangen war. Daraufhin metzelten seine Militärs tausende Äthiopier auf grausamste Weise nieder. Nach der Besichtigung fahren wir in ein uriges Lokal und trinken Bier und essen gemeinsam ein Teller mit dem berühmten Injera mit verschiedenen Zuspeisen. Ich kann mich einfach an den Geschmack dieses säuerlich schmeckenden Fladenbrotes nicht gewöhnen. Danach geht es in das Hotel Jupiter, das wir schon bei Ankunft kennengelernt hatten. Wir bekommen ein Tageszimmer, mit der Gelegenheit zum Duschen und Frischmachen. Zum Abendessen sind wir heute in einem Folklorelokal mit Buffet. Es tanzen und singen verschiedene Musik- und Tanzgruppen. Das Essen schmeckt vorzüglich, die Musik ist auch „verträglich“. Nun heißt es Abschied nehmen von unserem Getnet. Es geht zum Flughafen für unseren Rückflug von Addis Abeba nach Wien mit Ethiopian Airlines. Wieder das gewohnte Bild – Anstellen/Sicherheitscheck und das zwei Mal.
12. Tag Rückflug nach Wien - Sonntag 19.01.2020
Leider haben wir um eine Stunde Verspätung. Darfür bekomme ich ein upgrade auf die Business Class bei Ethiopian Airlines. Das ist natürlich super. Ich beziehe mein Bettchen in der Business Class und werde erst im Anflug auf Wien geweckt. So macht Reisen Spaß! Danke Ethiopian Airlines, wir werden es mit vielen Buchungen danken!
Ankunft in Wien. Regen/Schneefall - grauslich! Europa hat uns wieder. 11 Tage Sonnenschein sind vorbei, die Realität hat uns wieder. Wir fahren mit meinem Auto nach Linz. Dietmar und Rita steigen aus, dann weiter nach Regau, wo mich auch Monika und Margarita verlassen.
Eine schöne, spannende und interessante Reise ist zu Ende. Danke nochmals an unseren Reiseleiter Getnet, der diese Reise zu einem bleibenden, nachhaltigen Erlebnis gemacht hat.